Jedes Kilogramm CO2 weniger zählt

Nachricht 26. Oktober 2022

Wohlstandsverluste durch den Klimawandel begrenzen

Der Klimafolgenforscher Fritz Reusswig warnt beim Hanns-Lilje-Forum, einige Zonen der Erde könnten künftig unbewohnbar werden. (Foto: Jens Schulze)

Seit Tagen brennt die Sonne vom Himmel. Kein Regen in Sicht. Pflanzen  lassen ihre Blätter hängen. Der Badesee ist schon wegen giftiger Blaualgen  gesperrt, die sich bei Hitze schnell vermehren. Doch die  Behörden untersagen, mit Trinkwasser den eigenen Rasen zu bewässern  oder den Pool zu füllen. Wasser sparen, damit es für alle reicht, ist die  Devise.

Solche lokalen Einschränkungen aus den Dürrejahren 2018-2020 drohen künftig häufiger zu werden – zumindest in den Sommermonaten. Während die meisten Privathaushalte diese negativen Auswirkungen der Dürrephasen noch als ärgerliche Komforteinbußen erleben, kämpfen einige Landwirtschafts- und Forstbetriebe bereits heute mit finanziellen Einbußen  durch die Trockenschäden. Große Teile der Böden in den Regionen Hannover, Schaumburg, Lüchow- Dannenberg und Gifhorn leuchten auf  dem Dürremonitor der Helmholtz Gesellschaft bereits im Frühjahr 2022 wieder in einem bedrohlichen Karminrot. Die Farbe signalisiert  »außergewöhnliche Dürre«. Landwirte müssen ihre Felder kostenintensiv  beregnen, um die Ernte zu sichern. Forstbetriebe klagen in einigen  Waldgebieten über Totalausfälle.

Der Klimafolgenforscher, Dr. Fritz Reusswig, warnt beim Hanns-Lilje- Forum  vor den Wohlstandsverlusten durch den Klimawandel in  Deutschland. »Unser Wohlstand ist durch den Klimawandel schon etwas  angeknabbert«, sagt der Wissenschaftler des Potsdamer Instituts für  Klimafolgenforschung. Noch sei es hierzulande nicht dramatisch. »Aber es  wird schlimmer werden, wenn wir nichts unternehmen.« Die prognostizierte Zunahme von Hitzetagen mit Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius führe zu Verlusten bei der Arbeitsproduktivität, erklärt Reusswig in der Neustädter Hof- und Stadtkirche, weil viele Menschen im Freien oder in  nicht klimatisierten Räumen arbeiten müssten. Zudem bedrohten  Wetterextreme künftig vermehrt die Immobilien und die Infrastruktur in  Deutschland, so der Potsdamer Forscher. Im Ahrtal hätte Starkregen im  vergangenen Jahr zu Schäden in Milliardenhöhe geführt. Hinzu kämen eine  Fülle indirekter Folgen des Klimawandels für unsere Wirtschaft und  Gesellschaft, etwa durch katastrophale Entwicklungen in den Ländern des  globalen Südens. »Es wird Zonen geben, die werden in Zukunft nicht mehr  bewohnbar sein«, glaubt Reusswig. Und das bedeute im Endeffekt: mehr Unterstützungsleistungen für die betroffenen ärmeren Länder und vermehrt  Klimaflüchtlinge.

Trotz besorgniserregender Informationen macht der Potsdamer  Wissenschaftler Mut. »Selbst, wenn wir das 1,5-Gradziel vermutlich  verpassen werden: jede Bemühung um Klimaschutz, jedes eingesparte  Kilogramm O2 hilft«, so Reusswig. »Es ist gut, wenn man überhaupt etwas  tut, auch wenn es nicht gerecht scheint, wenn die großen Player wenig tun  und manch Einzelner in seinem Bereich sehr viel.« Die Kirche könne  beispielsweise in ihrer Rolle als Immobilien- und als Vermögenseigentümerin für mehr Klimafreundlichkeit sorgen. Zudem biete  sie den idealen Raum für Diskussionen, »in dem unterschiedliche Vorstellungen von Wohlstand in der Gemeinde miteinander streiten können,  ohne einander zu diffamieren«, meint Reusswig.

„Die Welt im Umbruch. Wohlstand neu denken“. Der Klimawandel, die Corona-Pandemie und der Angriffskrieg auf die Ukraine stellen uns vor bisher nicht vorstellbare Herausforderungen. Wir wenden uns in unserem neuen Jahrbuch konkreten Handlungsfeldern zu und entwerfen Perspektiven, um Wohlstand mehrdimensional zu erfassen. Dabei orientieren wir uns an den drei Förderschwerpunkten der Hanns-Lilje-Stiftung im Dialog mit Kirche und Theologie:

  • die Bedeutung von Wissenschaft, Technik und Wirtschaft für das Leben,
  • die Zukunft von Politik und Gesellschaft,
  • die bildende Kraft von Kunst und Kultur.

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