Wohlstandsverluste durch den Klimawandel begrenzen
Seit Tagen brennt die Sonne vom Himmel. Kein Regen in Sicht. Pflanzen lassen ihre Blätter hängen. Der Badesee ist schon wegen giftiger Blaualgen gesperrt, die sich bei Hitze schnell vermehren. Doch die Behörden untersagen, mit Trinkwasser den eigenen Rasen zu bewässern oder den Pool zu füllen. Wasser sparen, damit es für alle reicht, ist die Devise.
Solche lokalen Einschränkungen aus den Dürrejahren 2018-2020 drohen künftig häufiger zu werden – zumindest in den Sommermonaten. Während die meisten Privathaushalte diese negativen Auswirkungen der Dürrephasen noch als ärgerliche Komforteinbußen erleben, kämpfen einige Landwirtschafts- und Forstbetriebe bereits heute mit finanziellen Einbußen durch die Trockenschäden. Große Teile der Böden in den Regionen Hannover, Schaumburg, Lüchow- Dannenberg und Gifhorn leuchten auf dem Dürremonitor der Helmholtz Gesellschaft bereits im Frühjahr 2022 wieder in einem bedrohlichen Karminrot. Die Farbe signalisiert »außergewöhnliche Dürre«. Landwirte müssen ihre Felder kostenintensiv beregnen, um die Ernte zu sichern. Forstbetriebe klagen in einigen Waldgebieten über Totalausfälle.
Der Klimafolgenforscher, Dr. Fritz Reusswig, warnt beim Hanns-Lilje- Forum vor den Wohlstandsverlusten durch den Klimawandel in Deutschland. »Unser Wohlstand ist durch den Klimawandel schon etwas angeknabbert«, sagt der Wissenschaftler des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung. Noch sei es hierzulande nicht dramatisch. »Aber es wird schlimmer werden, wenn wir nichts unternehmen.« Die prognostizierte Zunahme von Hitzetagen mit Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius führe zu Verlusten bei der Arbeitsproduktivität, erklärt Reusswig in der Neustädter Hof- und Stadtkirche, weil viele Menschen im Freien oder in nicht klimatisierten Räumen arbeiten müssten. Zudem bedrohten Wetterextreme künftig vermehrt die Immobilien und die Infrastruktur in Deutschland, so der Potsdamer Forscher. Im Ahrtal hätte Starkregen im vergangenen Jahr zu Schäden in Milliardenhöhe geführt. Hinzu kämen eine Fülle indirekter Folgen des Klimawandels für unsere Wirtschaft und Gesellschaft, etwa durch katastrophale Entwicklungen in den Ländern des globalen Südens. »Es wird Zonen geben, die werden in Zukunft nicht mehr bewohnbar sein«, glaubt Reusswig. Und das bedeute im Endeffekt: mehr Unterstützungsleistungen für die betroffenen ärmeren Länder und vermehrt Klimaflüchtlinge.
Trotz besorgniserregender Informationen macht der Potsdamer Wissenschaftler Mut. »Selbst, wenn wir das 1,5-Gradziel vermutlich verpassen werden: jede Bemühung um Klimaschutz, jedes eingesparte Kilogramm O2 hilft«, so Reusswig. »Es ist gut, wenn man überhaupt etwas tut, auch wenn es nicht gerecht scheint, wenn die großen Player wenig tun und manch Einzelner in seinem Bereich sehr viel.« Die Kirche könne beispielsweise in ihrer Rolle als Immobilien- und als Vermögenseigentümerin für mehr Klimafreundlichkeit sorgen. Zudem biete sie den idealen Raum für Diskussionen, »in dem unterschiedliche Vorstellungen von Wohlstand in der Gemeinde miteinander streiten können, ohne einander zu diffamieren«, meint Reusswig.