Der Potsdamer Klimafolgenforscher Fritz Reusswig warnt vor Wohlstandsverlusten durch den Klimawandel. "Unser Wohlstand ist durch den Klimawandel schon etwas angeknabbert", sagte er am Mittwochabend in Hannover bei einer Diskussion der evangelischen Hanns-Lilje-Stiftung: "Noch ist es nicht dramatisch. Aber es wird schlimmer werden, wenn wir nichts machen." Reusswig ist leitender Forscher beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
So werde es durch die erwartete Zunahme an heißen Tage mit über 30 Grad Celsius im Schatten zu einem Verlust an Arbeitsproduktivität kommen, weil viele Menschen im Freien oder in nicht klimatisierten Räumen arbeiten müssten, sagte er bei der Veranstaltung zum Thema "Wohlstand neu denken". Zudem werde es in der Land- und Forstwirtschaft Trockenheitsschäden geben. Wetterextreme bedrohten Immobilien und die Infrastruktur. Andere Extreme wie Starkregen hätten schon jetzt zu Schäden in Milliardenhöhe geführt wie im Ahrtal.
Hinzu werde eine Fülle indirekter Folgen des Klimawandels durch große Hitze in den Ländern des globalen Südens kommen: "Es wird Zonen geben, die werden in Zukunft nicht mehr bewohnbar sein." Das werde zu massiven Unterstützungsleistungen durch die reicheren Länder und auch zu mehr Klimaflüchtlingen führen. Zudem seien Lieferketten gefährdet. "Einige dieser Folgen wirken sich unmittelbar auf das Bruttoinlandsprodukt aus", sagte Reusswig. "Aber alle bedrohen unseren Wohlstand im weiteren Sinne."
Laut Reusswig haben sich die Deutschen daran gewöhnt, den Wohlstand am Bruttoinlandsprodukt zu messen, also an der Summe aller in einem Jahr erzeugten Waren und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft. Doch dieses Konzept, das einst im Krieg entwickelt worden sei, bilde viele Aspekte nicht mit ab. Dazu gehörten neben den ökologischen Folgen des Lebensstils auch soziale Aspekte wie Hausarbeit, caritative Tätigkeiten und das Ehrenamt.
(Text: Michael Grau, Evangelischer Pressedienst Niedersachsen-Bremen, epd)