„Ein Loch in der moralischen Substanz der Menschheit“

Nachricht 02. November 2025
Dr. Gábor Lengyel, Anton Goodman, Sara Klatt und Landesbischof Ralf Meister (Foto: Jens Schulze)

Der israelische Friedensaktivist und Menschenrechtler Anton Goodman hat an die Menschen in Deutschland appelliert, die Friedensarbeit in Israel und den Palästinensergebieten zu unterstützen. Trotz allem Hass und aller Gewalt wie zurzeit in Gaza ließen sich die Friedensorganisationen in Israel nicht davon abhalten, „den Weg des jüdischen Humanismus zu gehen“, sagte er am Donnerstagabend in Hannover: „Ich bitte Sie, sich uns anzuschließen im Geiste und im Gebet. Gemeinsam können wir eine Arche bauen und die Flut überstehen.“

Goodman ist Direktor für Partnerschaften bei der Initiative „Rabbis for Human Rights“ („Rabbiner für Menschenrechte“), in der rund 170 Rabbiner unterschiedlicher Richtungen zusammengeschlossen sind. Er sprach bei einem Diskussionsabend der evangelischen Landeskirche Hannovers anlässlich des Reformationstages in der jüdischen Gedenkstätte Ahlem.

Der Aktivist berichtete, wie seine Organisation Palästinenser aus dem Westjordanland bei der Olivenernte begleitete. Die Erntehelfer würden vielfach von jüdischen Siedlern bedroht und angegriffen. Goodman sprach von „Extremisten“. Menschenrechtsarbeit fühle sich oft an „wie ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte er. Viele Engagierte hätten das Gefühl, machtlos zu sein und gegen das viele Leid um sie herum kaum etwas tun zu können. Trotzdem müsse diese Arbeit immer wieder versucht werden.

Eine Kraftquelle sei dabei der jüdische Glaube. Unter Applaus sagte Goodman, der selbst orthodoxer Jude ist: „Wir weigern uns, uns von Angst und Hass leiten zu lassen und finden Kraft in gewaltfreiem Aktivismus, der die Seele über die Faust stellt.“ Extremismus stehe dem Willen Gottes entgegen.

Zum Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel und der Reaktion der israelischen Armee darauf sagte Goodman: „Die Brutalität des 7. Oktober, die brutale Gefangenschaft der Geiseln, die Zerstörung Gazas, die Tötung Unschuldiger und die humanitäre Krise haben ein schwarzes Loch in die moralische Substanz der Menschheit gerissen.“ Hoffnung habe ihm die Rückkehr der Geiseln gegeben, weil in diesem Moment das Leben gefeiert worden sei.

(Text: Michael Grau, Evangelischer Pressedienst Niedersachsen-Bremen epd)

Kirchenleitende Personen reinigen Gedenkstätte Ahlem

Landesbischof Ralf Meister (Foto: Jens Schulze)

Leitende Repräsentantinnen und Repräsentanten der  Landeskirche haben die Außenanlagen der jüdischen Gedenkstätte Ahlem in Hannover gereinigt. Sie säuberten unter anderem Namenstafeln jüdischer NS-Opfer, die noch bis kurz vor Kriegsende in Ahlem ermordet worden waren, sowie eine Reihe von Schaukästen.

An der Aktion am Vortag des Reformationstages beteiligten sich neben Landesbischof Ralf Meister der Präsident des Landeskirchenamtes Jens Lehmann, der Osnabrücker Regionalbischof Friedrich Selter und der Geschäftsführer der Hanns-Lilje-Stiftung, Christoph Dahling-Sander. „Wir wollen mit unserer Aktion den Opfern des Nationalsozialismus eine Ehre erweisen“, sagte Meister.
Der Bischof erinnerte daran, dass die Namenstafeln vor einem Jahr geschändet worden waren. Im Oktober 2024 hatten Unbekannte mehrere der Tafeln beschädigt oder ganz herausgerissen. „Wir leisten diesen symbolischen Dienst in Demut vor den Opfern“, betonte Meister. „Das Leid, das sich hinter jeder einzelnen Namenstafel verbirgt, macht mich sprachlos.“

Dr. Jens Lehmann, Sylvia Mustert (Foto: Jens Schulze)

Die Gedenkstätte war in der Vergangenheit bereits mehrfach Ziel von Vandalismus und antisemitischen Schmierereien geworden. Erst Ende Januar wurden dort Blumenkränze zerstört, die am Holocaust-Gedenktag vor der „Wand der Namen“ abgelegt worden waren. Dafür und wegen anderer Delikte wurde inzwischen ein polizeibekannter Rechtsextremist zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

In den Räumen der heutigen Gedenkstätte richteten die Nationalsozialisten 1941 eine Sammelstelle für Juden ein, die in die Vernichtungslager in Osteuropa deportiert werden sollten. Davor befand sich dort eine „Israelitische Gartenbauschule“. Dort wurden seit 1893 junge jüdische Männer in Gartenbau und im Handwerk ausgebildet, ab 1903 auch Frauen in Hauswirtschaft. 1943 zog eine Dienststelle der Gestapo für Zwangsarbeiter in die Räume ein. Zudem entstanden eine Hinrichtungsstätte und ein Polizeigefängnis. Die Gedenkstätte erinnert seit 1987 an die Geschichte des Ortes.