Prävention sexualisierter Gewalt

Hintergrund

Die Hanns-Lilje-Stiftung ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts und eine kirchliche Stiftung im Sinne des § 20 des Niedersächsischen Stiftungsgesetzes. Sie fördert in evangelischer Verantwortung den Dialog von Kirche und Theologie mit anderen gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren mit drei Schwerpunkten:

1. Die Zukunft von Politik und Gesellschaft
2. Die Bedeutung von Wissenschaft, Technik und Wirtschaft für das Leben
3. Die bildende Kraft von Kunst und Kultur

Zusätzlich zur Fördertätigkeit ist die Stiftung operativ wirksam und richtet eigene Veranstaltungen wie das Hanns-Lilje-Forum, Tagungen, Wettbewerbe etc. aus.

An der Umsetzung des Stiftungszwecks sind haupt- und nebenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Geschäftsstelle der Hanns-Lilje-Stiftung) sowie ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Kuratorium, Jurys, Unterstützung bei Veranstaltungen etc.) beteiligt.

Angesichts des fördernden und operativen Engagements der Hanns-Lilje-Stiftung und der Mitarbeit von Haupt-, Neben- und Ehrenamtlichen hat die Geschäftsstelle der Stiftung ein Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt erstellt. Damit soll aktiv dazu beigetragen werden, das Risiko sexueller Übergriffe sowohl am Arbeitsplatz der Stiftung als auch auf Veranstaltungen, die von der Stiftung (mit)organisiert werden, bestmöglich zu reduzieren und idealerweise zu minimieren. Auf Schutzkonzepte derjenigen, die durch die Hanns-Lilje-Stiftung gefördert werden, hat die Hanns-Lilje-Stiftung keinen Einfluss.

Dem Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt liegen die Grundsätze für die Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung in Fällen sexualisierter Gewalt in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers in der Fassung vom 26. Januar 2021 sowie das Schutzkonzept des Zentrums für Gesundheitsethik an der Ev. Akademie Loccum vom November 2024 zugrunde.

Als kirchlicher Stiftung, die 1989 von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers gegründet wurde, und als Menschen christlichen Glaubens, fühlen wir uns gemäß den genannten Grundsätzen verpflichtet, die Freiheit und Würde und damit auch die sexuelle Selbstbestimmung anderer zu achten und zu schützen. Uns ist bewusst, dass Kirchen und Stiftungen Organisationen sind, der sowohl Täter und Täterinnen sexualisierter Gewalt als auch Opfer bzw. Betroffene sexualisierter Gewalt angehören. Die Verhinderung von Strukturen, die Täter und Täterinnen schützen, sowie der Schutz betroffener Personen und die Wahrung ihrer Rechte als Betroffene spielen daher für das Schutzkonzept eine grundlegende Rolle. Unserem Verständnis nach sollte die Kirche zum einen einen Schutzraum für Betroffene sexualisierter Gewalt bieten. Dies war in der Vergangenheit und ist in der Gegenwart nicht ausreichend der Fall (vgl. z. B. Ergebnisse der ForuM-Studie); daher ist die Aufarbeitung dieser Thematik innerhalb der Kirche und der ihr eng verbundenen Institutionen von zentraler Bedeutung. Zum anderen sollte sie einen Schutzraum vor sexualisierter Gewalt bieten. Daher sind präventive Maßnahmen und ein sensibler Umgang mit dem Thema sexualisierte Gewalt als zweite Säule ebenso zentral. Hierzu möchte die Hanns-Lilje-Stiftung im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen entsprechenden Beitrag leisten. Gleichzeitig muss betont werden, dass für die dauerhafte Verankerung des Schutzes vor sexualisierter Gewalt Veränderungen in Strukturen und Haltungen notwendig sind, für die eine über dieses Schutzkonzept hinausgehende kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema notwendig ist. Dieses Schutzkonzept und seine kontinuierliche Überarbeitung kann Anlass dafür sein, bleibt aber immer nur einer von mehreren Bausteinen, weil es – ebenso wie andere präventive Maßnahmen – das Risiko sexualisierter Gewalt nur minimieren, aber nicht ausschließen kann.

Einführung: Sexualisierte Gewalt und Schutzkonzept zur Prävention

Dem Schutzkonzept liegt das nachfolgende Verständnis von sexualisierter Gewalt zugrunde. Dieses wurde auch im Rahmen der Risiko-Analyse verwendet.

Sexualisierte Gewalt bedeutet, dass Sexualität als Machtmittel gewaltsam eingesetzt wird. Es handelt sich nicht um einvernehmliche gewaltförmige Sexualpraktiken, sondern um Abwertung, Demütigung und Erniedrigung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Im Vordergrund steht für die Täter und Täterinnen, sich Machtgefühle zu verschaffen. Sexualisierte Gewalt tritt in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf. Dazu gehören sexualisierte Grenzverletzungen, sexualisierte Übergriffe und strafrechtlich relevante sexualisierte Gewalt. Wir verstehen unter sexualisierter Gewalt im Folgenden alle Erscheinungsformen, die mit jeweils unterschiedlichen Konsequenzen verknüpft sind: Grenzverletzungen, Übergriffe und strafrechtlich relevante sexualisierte Gewalt.

(Aus: Diakonie Deutschland Bundesrahmenhandbuch)

Darüber hinaus soll, u. a. um Sprachfähigkeit in Bezug auf sexualisierte Gewalt zu fördern, hier außerdem die folgende Differenzierung genutzt und vorgestellt werden:

Grenzverletzungen
Eine sexuelle Grenzverletzung stellt jedes sexuell geprägte Verhalten dar, das nicht erwünscht ist und als respektlos oder als übergriffig empfunden wird.

Übergriffe
Übergriffe unterscheiden sich von Grenzverletzungen dadurch, dass sie nicht zufällig oder aus Versehen passieren. Sie resultieren meist aus persönlichen und/oder grundlegenden fachlichen Defiziten. In einigen Fällen gehören sexuelle, psychische und körperliche Übergriffe durch Erwachsene zur strategischen Vorbereitung einer strafrechtlich relevanten Form der sexualisierten Gewalt oder des sexuellen Missbrauchs.

Strafrechtlich relevante Formen sexualisierter Gewalt
Diese Straftaten umfassen sexuelle Handlungen, die gegen den Willen der betroffenen Person vorgenommen werden, sowie auch solche, bei denen die übergriffige Person ein scheinbares Einvernehmen unter Ausnutzung der fehlenden Einwilligungsfähigkeit der betroffenen Person und/oder seiner Machtposition herbeiführt.

(Aus: Arbeitshilfe zur Erstellung eines Konzeptes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, 2021, Seite 5)

Im Rahmen des Schutzkonzeptes soll eine Achtsamkeit gegenüber der Thematik sexualisierter Gewalt geschaffen und ein Klima des gegenseitigen Vertrauens und der gegenseitigen Verantwortung unter den Mitarbeitenden der Hanns-Lilje-Stiftung gefördert werden. Es geht darum, ein sicheres Umfeld für alle Mitarbeitenden und für alle Teilnehmenden von Veranstaltungen, die von der Hanns-Lilje-Stiftung (mit)organisiert und durchgeführt werden, zu schaffen.

Die beiden übergeordneten Ziele dieses Schutzkonzeptes bestehen darin, erstens präventiv zu wirken und zweitens Handlungsweisen zu etablieren, die im Falle eines Verdachts auf sexualisierte Gewalt zur Anwendung kommen. Zum präventiven Teil dieses Schutzkonzeptes gehört, dass darüber aufgeklärt wird, was unter sexualisierter Gewalt im Sinne der drei in obenstehender Definition aufgeführten Formen zu verstehen ist, welche präventiven Maßnahmen etabliert wurden, um das Risiko sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz und während Veranstaltungen, die von der Hanns-Lilje-Stiftung ausgerichtet werden, zu minimieren, und an welche Ansprechpersonen sich im Falle sexualisierter Gewalt oder des Verdachtes darauf gewandt werden kann.

Risikoanalyse

Risikoanalyse mitaufgenommen. Veranstaltungen umfassen: Öffentliche Diskurse, Tagungen, Sitzungen und weitere Treffen.

Die Risikoanalyse wurde in Teambesprechungen der Geschäftsstelle durchgeführt. Fragen wurden danach gestellt, ob ein Bewusstsein darüber vorhanden ist, dass es zu sexualisierter Gewalt sowohl auf den Veranstaltungen, die von der Hanns-Lilje-Stiftung durchgeführt werden, als auch im Team der Hanns-Lilje-Stiftung kommen kann. Des Weiteren diente die Reflexion dazu, potenzielle Situationen und/oder Räume zu benennen, die sexualisierte Gewalt begünstigen können. Darüber hinaus wurde nach weiterem Handlungsbedarf seitens der Hanns-Lilje-Stiftung gefragt.

Aus den Ergebnissen der Risikoanalyse und in Weiterentwicklung und Anpassung empfohlener Maßnahmen zur Prävention von Seiten der Landeskirche wurde folgender Katalog an Präventionsmaßnahmen entwickelt.

Präventionsangebote/-maßnahmen

Folgende präventive Maßnahmen zur Minimierung des Risikos für sexualisierter Gewalt auf Veranstaltungen der Hanns-Lilje-Stiftung wurden entwickelt:

  • Um das Risiko sexualisierter Gewalt auf Veranstaltungen, die von der Hanns-Lilje-Stiftung durchgeführt werden, zu minimieren, werden alle referierenden Personen, Mitveranstaltende und – bei nicht öffentlichen Veranstaltungen wie Tagungen mit fest angemeldeten Personen – alle Teilnehmenden im Vorfeld schriftlich auf den entsprechenden Verhaltenskodex (s. Anlage) hingewiesen.
  • Die aktuelle Version des Schutzkonzepts wird auf der Webseite der Hanns-Lilje-Stiftung der Öffentlichkeit zu Verfügung gestellt.
  • Aufgrund dessen, dass die Veranstaltungen, die von der Hanns-Lilje-Stiftung durchgeführt werden, nicht in den Räumen der Hanns-Lilje-Stiftung stattfinden, ist die Hanns-Lilje-Stiftung auf die Zusammenarbeit mit denjenigen, die die Räume zur Verfügung stellen, angewiesen, um das Risiko für sexualisierte Gewalt innerhalb bestimmter räumlicher Gegebenheiten zu reduzieren. Um hierbei präventiv mitzuwirken, leitet die Hanns-Lilje-Stiftung mögliche Hinweise an die entsprechenden Verantwortlichen weiter und unterstützt sie bei der Identifizierung geeigneter Maßnahmen zur Prävention.

Auf Basis der Risikoanalyse wurden folgende präventive Maßnahmen zur Minimierung des Risikos sexualisierter Gewalt in der Geschäftsstelle der Hanns-Lilje-Stiftung entwickelt:

  • Alle Mitarbeitenden der Hanns-Lilje-Stiftung verpflichten sich durch das Unterschreiben zur Einhaltung des Verhaltenskodex und der Selbstverpflichtungserklärung.
  • Alle Mitarbeitenden verpflichten sich, für Personen, die selbst von sexualisierter Gewalt betroffen sind oder diese beobachtet haben, jederzeit ansprechbar zu sein und die notwendigen Schritte bei einer Meldung zu initiieren.
  • Die Teambesprechungen haben ergeben, dass das Miteinander im Team positiv bewertet wird und dass bereits ein Wissen um bestehende Risikofaktoren hinsichtlich sexualisierter Gewalt (z. B. bestehende Machtstrukturen/Abhängigkeitsverhältnisse) besteht. Um das auch in Zukunft zu gewährleisten, sollen die Mitarbeitenden der Hanns-Lilje-Stiftung sich kontinuierlich zu diesem Themenkomplex weiterbilden. Nähere Einzelheiten dazu regelt der Verhaltenskodex.
  • Neue Mitarbeitende sollen während ihrer ersten zwölf Monate in der Geschäftsstelle der Hanns-Lilje-Stiftung an der Grundschulung zur Prävention sexualisierter Gewalt der Fachstelle der hannoverschen Landeskirche teilnehmen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass alle Mitarbeitenden der Hanns-Lilje-Stiftung mindestens einmal an einer solchen Fortbildung teilgenommen haben. Die Teilnahme an den Fortbildungen wird in der Geschäftsstelle der Hanns-Lilje-Stiftung in der Akte „Schutzkonzept“ dokumentiert.
  • Um einen offenen Umgang mit dem Thema zu fördern, wird mindestens einmal jährlich das Schutzkonzept, Schritte zu seiner Weiterentwicklung sowie seine Verankerung in der Arbeit der Hanns-Lilje-Stiftung im Rahmen einer Teambesprechung von der Leitung zum Gegenstand gemacht. Das Schutzkonzept wird bei Bedarf überarbeitet. Dieses Vorgehen soll sicherstellen, dass sich partizipativ in regelmäßigen Abständen über die Thematik (inkl. Nähe-Distanz-Bedürfnis) ausgetauscht wird. Darüber hinaus ergibt sich die Möglichkeit, dass sich auch neu eingestellte Mitarbeitende einbringen können. Des Weiteren wird durch die Festschreibung dieses Vorgehens sichergestellt, dass ein Diskurs über die Thematik auch dann stattfindet, wenn sich personale Veränderungen in der Hanns-Lilje-Stiftung ergeben, die sich ggf. auf das vorhandene Team verändernd auswirken.
  • Um zu garantieren, dass sich alle Mitarbeitenden ohne viel Aufwand darüber informieren können, an welche Personen sie sich im Falle sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz wenden können, hängt an der Pinnwand im Sekretariat der Geschäftsstelle eine Liste mit den Kontaktdaten der Ansprechpersonen aus, die von Mitarbeitenden der Hanns-Lilje-Stiftung laufend aktualisiert wird. Bei der Einstellung von neuen Mitarbeitenden werden diese auf die ausgehängte Liste hingewiesen. Zusätzlich zu den ausgewiesenen Ansprechpersonen, steht den Mitarbeitenden selbstverständlich jederzeit die Möglichkeit offen, sich an Beratungsstellen oder an die Polizei zu wenden, ohne die Beratungsangebote der Landeskirche Hannovers bzw. die der Hanns-Lilje-Stiftung benannten Ansprechpersonen miteinzubeziehen.

Um dem Risiko sexualisierter Gewalt in den Räumlichkeiten der Hanns-Lilje-Stiftung und bei 1:1 Situationen präventiv entgegenzuwirken, verpflichten sich alle Mitarbeitenden der Hanns-Lilje-Stiftung zu folgenden Verhaltensregeln, die u. a. dazu dienen, die Nähe-Distanz-Bedürfnisse der Personen in entsprechenden Situationen zu wahren:

  • So gilt in den Räumlichkeiten der Hanns-Lilje-Stiftung, dass im Falle eines 1:1 Gesprächs zu Beginn des Gespräches zwischen Teammitglied und Leitungsperson abgesprochen wird, ob die Tür geschlossen wird oder geöffnet bleiben soll. Darüber hinaus wird in diesen Situationen darauf geachtet, dass beide aussuchen können, wo sie sitzen möchten, sodass jede Person die Möglichkeit hat, sich so zu setzen, dass sie den Raum jederzeit verlassen kann, ohne an der anderen Person vorbei gehen zu müssen.
  • In allen Räumlichkeiten, aber insbesondere in engen, kleinen und schlecht beleuchteten Räumlichkeiten gilt, dass unter allen Mitarbeitenden darauf geachtet wird, dass ausreichend körperliche Distanz gewahrt wird. Für die gemeinsam mit „ReGenesa“ genutzte Teeküche bedeutet dies, dass jeweils nur eine Person den Raum betritt, oder dass die Person, die bereits in der Küche ist, gefragt wird, ob es in Ordnung ist, sich zu zweit in der Küche aufzuhalten.
  • Für das Arbeiten in Räumlichkeiten, die sich im Keller befinden oder aufgrund der Architektur schwer einsehbar und mit schlechten Lichtverhältnissen ausgestattet sind, werden individuelle Maßnahmen entwickelt, die dem Schutzbedarf der einzelnen Personen entsprechen. Bei Bedarf werden entsprechende Vorschläge an das Hanns-Lilje-Haus weitergeleitet.

Vorgehen bei einer Meldung

Für Fälle, in denen die Person, von der die sexualisierte Gewalt ausging, eine mitarbeitende Person der Hanns-Lilje-Stiftung, einer anderen Einrichtung der Landeskirche oder auch keine Mitarbeitende der genannten Institutionen ist, ist die Geschäftsführung zu informieren. Diese verständigt unverzüglich die Fachstelle der Landeskirche Hannovers und die/den Kuratoriumsvorsitzende/n (bzw. deren/dessen Stellvertretende/n). Ist die Geschäftsführung nicht zeitnah erreichbar, sind die Fachstelle und die/den Kuratoriumsvorsitzende/n (bzw. deren/dessen Stellvertretende/n) unverzüglich direkt zu unterrichten, um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Im Zusammenhang mit dem Vorgehen bei einem Verdachtsfall / einer Meldung sexualisierter Gewalt gelten folgende Grundsätze:

1. Der Schutz der betroffenen Person(en) hat oberste Priorität
2. Vorgehen/Gespräche (anonymisiert) dokumentieren
3. Im Folgenden beschriebenes Vorgehen und ggfs. Interventionsplan der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers beachten

Im Falle einer Mitteilung ist es wichtig, der mitteilenden Person zu versichern, dass alles, was sie sagt, ernst genommen und vertraulich behandelt wird, und dass selbstverständlich keine Schritte ohne ihr Einverständnis unternommen werden. Sie wird auf die zuständigen Ansprechpersonen und den ausgehängten Interventionsplan der Hanns-Lilje-Stiftung hingewiesen. Für das weitere Vorgehen ist entscheidend, zwischen den verschiedenen Formen sexualisierter Gewalt zu unterscheiden (Grenzverletzung, Übergriff, strafrechtlich relevante Form sexualisierter Gewalt).

Grenzverletzungen
Im Fall von Grenzverletzungen wird ein vertrauliches Gespräch zwischen der betroffenen Person und der beschuldigten Person geführt, das von einer Person aus dem Team der Hanns-Lilje-Stiftung, die nicht unmittelbar betroffen ist, begleitet wird. Sollte die betroffene Person nicht an einem gemeinsamen Gespräch teilnehmen wollen, können separat einzelne Gespräche zwischen den beiden Personen und einer neutralen Person aus dem Team oder dem Kuratorium der Hanns-Lilje-Stiftung geführt werden. Das Führen dieser Gespräche durch eine nicht betroffene neutrale Person ist für diese stets auf freiwilliger Basis. Findet sich im Team oder im Kuratorium niemand, um diese vermittelnde Rolle einzunehmen, wird in Rücksprache mit der betroffenen Person und wenn diese einwilligt, die Fachstelle Sexualisierte Gewalt der hannoverschen Landeskirche hinzugezogen werden.

Übergriffe und strafrechtlich relevante Formen sexualisierter Gewalt
Im Fall von Übergriffen und strafrechtlich relevanten Formen sexualisierter Gewalt erfolgt, sofern die betroffene Person einverstanden ist, eine Meldung an die Geschäftsführung, die den/die Vorsitzende/n des Kuratoriums der Hanns-Lilje-Stiftung informiert. Davon ausgehend wird, wenn die betroffene Person einwilligt, die Meldung an die zuständige Fachstelle Sexualisierte Gewalt der hannoverschen Landeskirche weitergeleitet, die weitere erforderliche Schritte einleitet. Sollte die Geschäftsführung der Hanns-Lilje-Stiftung direkt involviert sein, sollte sich an die/den Vertreter/in der Geschäftsführung gewandt werden, die/der den/die Vorsitzende/n des Kuratoriums und zusätzlich die Fachstelle informiert. 

Die betroffene Person wird darauf hingewiesen, dass sie sich an unabhängige Beratungsstellen oder direkt an die Polizei wenden kann, wenn sie die Fachstelle der Landeskirche Hannovers nicht miteinbeziehen möchte.

Wichtig ist, keine Form von Befragungen (von Betroffenen, Zeugen und Zeuginnen, Tätern und Täterinnen) selbst durchzuführen, um späteren Ermittlungen nicht vorzugreifen. Die Person, von der die sexualisierte Gewalt mutmaßlich ausgegangen ist, ist unter keinen Umständen zu informieren!

Grundsätzlich sind alle Schritte/Gespräche/usw. schriftlich in anonymisierter Form zu dokumentieren. Diese Dokumentation muss vor der Einsichtnahme unbefugter Personen geschützt aufbewahrt werden. Sie umfasst einerseits die objektive Darstellung der Gegebenheiten und das schrittweise Vorgehen, und andererseits die subjektive Reflexion der Vorgänge.

Aufarbeitung

Erfolgte eine Meldung sexualisierter Gewalt in der Hanns-Lilje-Stiftung, hat die Einleitung der oben genannten erforderlichen Schritte zum Schutz der betroffenen Person und die transparente Aufklärung oberste Priorität.

Nach Abschluss dieser Schritte erfolgt der Aufarbeitungsprozess. Dieser beginnt mit der transparenten Kommunikation innerhalb des Teams. Die Meldung, das Vorgehen und die eingeleiteten Konsequenzen werden von der zuständigen mitarbeitenden Person der Hanns-Lilje-Stiftung dem Team vermittelt und anschließend gibt es die Gelegenheit, in einem geschützten Raum die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren und das Geschehene gemeinsam emotional zu verarbeiten. Ziel der Aufarbeitung ist es, ein Gefühl der Sicherheit am Arbeitsplatz wiederherzustellen. Partizipativ wird eine Fehleranalyse betrieben und ausgehend davon das Schutzkonzept ggf. aktualisiert und erweitert. Alle Mitarbeitenden werden auf psychologische und seelsorgerische Betreuungs- und Unterstützungsangebote hingewiesen.

Wurde sexualisierte Gewalt auf einer Veranstaltung mit festem TeilnehmerInnenkreis, die von der Hanns-Lilje-Stiftung durchgeführt wurde, gemeldet, erfolgt zusätzlich zum oben genannten internen Vorgehen ein Aufarbeitungsprozess, in den die teilnehmenden und referierenden Personen der Veranstaltung miteinbezogen werden. Dieser besteht darin, dass allen Anwesenden die Möglichkeit gegeben wird, sich im geschützten Raum gemeinsam über die Meldung auszutauschen, d.h. die Sachlage und die daraus folgenden Konsequenzen werden transparent kommuniziert. Die Anwesenden haben die Möglichkeit, ihre Bedürfnisse und Perspektiven mitzuteilen. Allen Personen, die auf der Tagung anwesend sind bzw. waren, werden auf psychologische und seelsorgerische Unterstützungsangebote hingewiesen.

Wie zu allen Schritten gehört auch zum Schritt der Aufarbeitung die Dokumentation des Geschehenen, die einzelnen Schritte und deren Reflexion. Diese Dokumentation wird anonymisiert erstellt und für Unbefugte unzugänglich gespeichert/aufbewahrt.

Darüber hinaus ist es Teil der Aufarbeitung, im einzelnen Fall mit der Stelle für Öffentlichkeitsarbeit der Landeskirche in engem Austausch zu stehen bzgl. der transparenten Darlegung der Meldung und deren Behandlung gegenüber der Öffentlichkeit.

Veröffentlichung und Weiterentwicklung

  • Das Schutzkonzept wird auf der Website veröffentlicht.
  • Die Schutzkonzept-Akte (Az. 4-6) mit allen aktuell gültigen Unterlagen ist für alle Mitarbeitenden frei zugänglich.
  • Das Schutzkonzept wird kontinuierlich überprüft und weiterentwickelt (z. B. durch den regelmäßigen Austausch über die Thematik innerhalb des Teams der Hanns-Lilje-Stiftung und Teilnahme an Fortbildungen).